Zum Inhalt springen

Sie sind hier:

Mein Weg zur Anerkennung als Bauzeichner

Porträt von Radwan Zohori

„Es kommt mir vor wie ein Traum!“ Das war die erste Reaktion von Radwan Zohori auf das Anerkennungsschreiben der IHK FOSA. Bis dahin war es ein langer Weg mit vielen Hürden.

Nach wochenlanger Flucht kam Radwan Zohori im Oktober 2015 in den Landkreis Darmstadt-Dieburg. Endlich war die Zeit der Angst, Anstrengungen und Entbehrungen vorbei. Er wünschte sich nichts mehr als ein Leben in Frieden und Sicherheit. Mit dem ausländischen Abschluss als Assistent eines Bauingenieurs hoffte er möglichst schnell in seinem Beruf arbeiten zu können. Er wusste, dass Sprachkenntnisse ein wichtiger Türöffner sind. Also musste er Deutsch lernen. Er wusste aber nicht, dass der berufliche Einstieg so schwierig sein würde.

„Für jemanden, der sich in diesen Zusammenhängen nicht auskennt, ist das ziemlich kompliziert.“ (Radwan Zohori über den Anerkennungsprozess)

Hilfe fand er durch seinen Fallmanager in der Kreisagentur für Beschäftigung. Herr Lepp unterstützte Herrn Zohori nach dem Grundsatz des „Förderns und Forderns“ der Agentur und im Sinne der „Hilfe zur Selbsthilfe“. Für Herrn Lepp war deshalb neben der Sprachförderung die Anerkennung des Berufsabschlusses ein wichtiger Faktor für die berufliche Integration. Ein befreundeter Ingenieur machte Radwan Zohori auf die Mobile Anerkennungsberatung von INBAS im IQ Netzwerk Hessen aufmerksam. Die Beraterin erklärte ihm, wie das Verfahren funktioniert. Sie unterstützte ihn dabei, den Antrag auf Anerkennung bei der IHK FOSA zu stellen. Mit der Anerkennung wollte er erreichen, dass sein Berufsabschluss gleichwertig mit dem deutschen Referenzberuf „Bauzeichner“ ist. Dieser Prozess war für ihn sehr verwirrend: „Es gibt unterschiedliche Verfahren und unterschiedliche anerkennende Stellen, je nachdem, welche Ausbildung jemand hat. Für jemanden, der sich in diesen Zusammenhängen nicht auskennt, ist das ziemlich kompliziert.“

Leider reichte die bisherige Berufspraxis von Radwan Zohori nicht aus, um sofort die volle Gleichwertigkeit zu erhalten. Er bekam zunächst den Bescheid einer „teilweisen“ Gleichwertigkeit. Darin wurden die Auflagen für eine volle Anerkennung genau beschrieben, die er während einer siebenmonatigen einschlägigen Berufstätigkeit durchführen sollte. Es gab also eine weitere Hürde für Radwan Zohori. Aber er wollte dranbleiben und sein Ziel nicht aufgeben.

Mit der Qualifizierungsbegleitung InFA zum individuellen Qualifizierungsplan

Seine Beraterin empfahl ihm die Qualifizierungsbegleitung „Internationale Fachkräfte qualifizieren sich für den Arbeitsmarkt-InFA“. Die Qualifizierungsbegleitung ist ein Angebot des Internationalen Bund (IB) im IQ Netzwerk Hessen. Sie findet in Darmstadt, Wetzlar und Kassel statt. InFA richtet sich sowohl an Akademiker*innen als auch an Fachkräfte ohne akademischen Abschluss. Die Maßnahme unterstützt internationale Fachkräfte dabei, ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu verbessern. Die Mitarbeiterinnen von InFA entwickeln mit den Teilnehmenden gemeinsam einen Qualifizierungsplan, der zu den Auflagen im Anerkennungsbescheid passt. Sie organisieren auch notwendige Qualifizierungen und Praxisphasen. InFA begleitet die Teilnehmenden im gesamten Prozess.

Radwan Zohori nahm Kontakt mit dem Projekt InFA auf. Ihm fehlten Praxiszeiten. Also musste er einen Betrieb finden, um dort die erforderlichen betrieblichen Erfahrungen eines Bauzeichners zu sammeln. Mit Unterstützung der Qualifizierungsbegleiterin Dr. Regine Mattheis wurde Kontakt zu dem Ingenieurbüro KREBS+KIEFER in Darmstadt aufgenommen.

Das Ingenieurbüro hatte bisher noch keine Erfahrungen mit Ausgleichsmaßnahmen im Rahmen der Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse. Der zuständige Geschäftsführer der Geotechnikabteilung, Herr Schmidt, war aufgeschlossen und bereit, eine solche Maßnahme durchzuführen.

Zum Kennenlernen sollte Herr Zohori zunächst ein Praktikum machen. Bereits beim Vorstellungsgespräch überzeugte er durch sein entschlossenes Auftreten. „Uns fiel schnell seine motivierte und zielstrebige Haltung auf“, erinnert sich Herr Schmidt. Der Betrieb entschied sich dafür, Herrn Zohori für die Ausgleichsmaßnahme einzustellen. Allerdings sollte der Bauzeichner vorab auf Wunsch des Unternehmens noch seine CAD-Kenntnisse erweitern. Herr Zohori kannte zwar bereits CAD-Programme, mit dem im Unternehmen üblichen Programm hatte er aber noch keine Erfahrung. Die Qualifizierungsbegleiterin konnte mit Unterstützung von KREBS+KIEFER ein passendes Schulungsprogramm finden, dem der Fallmanager zustimmte und das so durch die Kreisagentur gefördert wurde.

Ein weiterer großer Schritt war getan. Doch dann kam die Pandemie und der Lockdown für viele Betriebe. Dabei stand auch die Praxisphase auf der Kippe. Trotz dieser schwierigen Bedingungen war KREBS+KIEFER bereit, die Praxisphase durchzuführen. Es gab viele Fragen, die das Ingenieurbüro und die Qualifizierungsbegleitung im Vorfeld klären mussten: „Wie soll der Vertrag gestaltet werden?“ „Wie können die Auflagen im Bescheid erfüllt und nachgewiesen werden?“ „Wie soll die Begleitung organisiert werden“ oder „Wer ist Ansprechpartner*in, wenn es Schwierigkeiten gibt?“

Deutsch am Arbeitsplatz sicherer anwenden – dank Sprachcoaching

Radwan Zohori erhielt einen befristeten Vertrag für die Dauer der Ausgleichsmaßnahme. Während dieser Zeit standen er und auch Herr Sklorz von KREBS+KIEFER mit der Qualifizierungsbegleiterin in einem engen Austausch. Trotz seiner guten Deutschkenntnisse war es für Herrn Zohori nicht immer einfach am Arbeitsplatz alles zu verstehen. Er stellte fest: „Jeder spricht ein anderes Deutsch.“ Mit diesen sprachlichen Anforderungen wollte er besser umgehen können. Gemeinsam mit der Qualifizierungsbegleiterin entwickelte er im Sprachcoaching Strategien, um Deutsch am Arbeitsplatz besser anzuwenden. Das Ingenieurbüro war ausgesprochen zufrieden mit seiner Arbeit und stellte Herrn Zohori ein sehr gutes Zeugnis aus. Sein Folgeantrag bei der IHK FOSA wurde positiv entschieden: Mit der vollen Gleichwertigkeit seines Berufsabschlusses kann er seinen Traum verwirklichen und als Bauzeichner richtig durchstarten: „Take-off“! Endlich!

Rückblickend war für Radwan Zohori die Unterstützung durch das IQ Netzwerk sehr wichtig. „Die Anerkennungsberatung und die Qualifizierungsbegleitung durch InFA haben mir geholfen, die vielen Fragen zu verstehen und Entscheidungen treffen zu können.“ Fachkräften in einer ähnlichen Situation rät er, die Hoffnung nicht aufzugeben und den Weg zur Anerkennung auch in schwierigen Situationen konsequent weiterzugehen.

Für die Zukunft hat er ein gutes Gefühl und sich bereits neue Ziele gesetzt: „Es geht aufwärts und ich möchte mich beruflich weiterbilden und Verantwortung übernehmen.“

Über die IQ Qualifizierungsbegleitung InFA

Autorinnen: Dr. Regine Mattheis, Anette Noll-Wagner

Zurück zum Seitenanfang