Landeshauptstadt Wiesbaden: Anerkennungsberatung unter dem Dach einer städtischen Behörde
Als organisatorischer Teil der Integrationsabteilung im Amt für Zuwanderung und Integration der Landeshauptstadt Wiesbaden befindet sich die IQ Beratungsstelle "Erstberatung qualifizierter Zuwanderer" in Wiesbaden unter einem Dach mit der Ausländerbehörde, der Geschäftsstelle des Ausländerbeirats sowie den Beratungsstellen der Migrationsdienste.
Welche Auswirkungen hat diese Struktur auf die Anerkennungsberatung und welche Chancen gehen damit für die Beratung einher? Klaus Burgmeier, Leiter der Integrationsabteilung des Amts für Zuwanderung und Integration und Projektleiter des Teilprojekts im IQ Netzwerk Hessen, erläutert den Ansatz der Erstberatungsstelle in Wiesbaden.
IQ Netzwerk Hessen: Welche Besonderheiten weist die Anerkennungsberatung der Landeshauptstadt Wiesbaden auf?
Klaus Burgmeier: Die Erstberatungsstelle ist organisatorisch Teil der Integrationsabteilung im Amt für Zuwanderung und Integration, gemeinsam mit der Ausländerbehörde. Räumlich befindet sie sich auf einer Etage mit den Kolleginnen und Kollegen der Abteilung Einbürgerung sowie mit den Migrationsberaterinnen und -beratern des Caritasverbandes und der Arbeiterwohlfahrt. Dies ermöglicht kurze Wege, schnellen Informationsfluss und eine gute Zusammenarbeit. Das gilt insbesondere für die Ausländerbehörde und die Migrationsberatungsdienste, zu deren Aufgabe ebenfalls der Verweis auf die Anerkennung von Abschlüssen gehört. Mit den Migrationsberatungsdiensten wurden verbindliche Wege der Zusteuerung und Arbeitsteilung abgesprochen.
Durch die Zusammensetzung des Beratungsteams aus langjährig erfahrenen Beraterinnen mit beruflichen Hintergründen im Kommunalen Jobcenter (Arbeitgeberservice) bzw. bei der Agentur für Arbeit steht ein breites Wissen über Arbeitsmarkt und Arbeitsmarktintegration sowie Förder- und Qualifizierungsmöglichkeiten zur Verfügung.
Zudem bildet das Netzwerk Anerkennung, dessen Arbeitstreffen quartalsweise von der Beratungsstelle ausgerichtet werden, die Grundlage für eine hervorragende Vernetzung mit Leistungsträgern, Bildungsanbietern, anerkennenden Stellen (Industrie- und Handelskammer, Handwerkskammer), Hochschulen und Migrationsberatungsstellen rund um das Thema Anerkennung, (Weiter)Bildung und berufliche Integration. Alle Teilnehmenden bringen dem Netzwerk eine hohe Wertschätzung entgegen, die sich zum Beispiel in einer kontinuierlich hohen Beteiligungsquote äußert.
IQ Netzwerk Hessen: Welche Zielgruppen nutzen die Anerkennungsberatung?
Klaus Burgmeier: Die Erstberatungsstelle wird insbesondere von Kunden des kommunalen Jobcenters oder der Agentur für Arbeit aufgesucht, aber auch von Beschäftigten und Nichtleistungsempfängern. Seit 2015 kommt es verstärkt zu Anfragen durch Ehrenamtliche der Flüchtlingshilfe, auch verzeichnen wir einen starken Zulauf von Geflüchteten. Diese haben häufig eine gute Bleibeperspektive und verfügen über einen akademischen Abschluss - zum Beispiel Ärztinnen und Ärzte oder Ingenieurinnen und Ingenieure aus Syrien.
In der Erstberatungsstelle finden überwiegend Beratungen zur Anerkennung akademischer Abschlüsse aus dem Ausland statt. Es kommen aber auch Personen in die Beratung, die eine Ausbildung im Ausland abgeschlossen haben (darunter Elektroniker/-innen und Krankenpfleger/-innen) oder die einen Schulabschluss aus einem anderen Land mitbringen. Sie lassen sich zur beruflichen bzw. schulischen Anerkennung beraten.
Zunehmend suchen auch Personen mit am Arbeitsmarkt schwer verwertbaren Qualifikationen die Beratungsstelle auf, wie zum Beispiel Sozialwissenschaftler/-innen oder Pädagogen/-innen. Inzwischen haben wir ein ausgeglichenes Verhältnis zwischen männlichen und weiblichen Ratsuchenden.
IQ Netzwerk Hessen: Welche Chancen bietet die Beratung "aus einer Hand"?
Klaus Burgmeier: Durch die räumliche Ansiedlung im Amt für Zuwanderung und Integration werden Ratsuchende persönlich und schnell an die zuständige Stelle im Haus weiter verwiesen. Dadurch "versanden" weniger Anliegen und Prozesse werden beschleunigt. Unsere Beratung profitiert von den etablierten Strukturen des Amtes, zum Beispiel vom Integrationskonzept der Stadt Wiesbaden, dem Integrationsmonitoring sowie dem amtsinternen Wissensmanagement. Nicht zuletzt können wir auf eine erleichterte und fundierte Kooperation mit Jobcentern und Agenturen für Arbeit sowie Bildungsträgern zurückgreifen.
Infokasten: Entwicklung der Erstberatungsstelle von 2010 bis heute
Die Beratungsstelle "Erstberatung qualifizierter Zuwanderer" in Wiesbaden startete mit ihrem Angebot bereits im Jahr 2010. Vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung und des prognostizierten Fachkräftemangels in Verbindung mit dem Wechsel der integrationspolitischen Sichtweise "weg von der defizitorientierten Sicht hin zur Wahrnehmung von Potentialen" entschloss sich die Landeshauptstadt Wiesbaden im Rahmen des damaligen hessischen Landesprogrammes "Modellregionen Integration" für den Aufbau einer Erstberatungsstelle zur Anerkennung im Ausland erworbener Abschlüsse. Mit der Beratungsstelle wurde ein Projekt mit Modellcharakter konzipiert und umgesetzt. Das Ergebnis: eine Optimierung der Strukturen zur Erschließung beruflicher Qualifikationen von Migrantinnen und Migranten auf kommunaler Ebene.
Seit 2015 erfolgt die Beratung unter dem Dach des IQ Landesnetzwerks Hessen.
Bildnachweis: Amt für Zuwanderung und Integration der Landeshauptstadt Wiesbaden