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Dokumentation des 2. IQ Praxistags Pflege

„Sprachlich fit und mit anerkanntem Abschluss – Meilensteine zur beruflichen Integration von ausländischen Pflegefachkräften in Hessen“

Wie können Deutschkenntnisse berufsbezogen erworben werden? Welche Anforderungen werden an das Sprachvermögen im Arbeitsfeld Pflege gestellt? Weshalb ist eine Verzahnung von Fach- und Sprachlernen sinnvoll? Wie können Anerkennungssuchende beim Spracherwerb unterstützt werden? Der 2. IQ Praxistag Pflege stand ganz im Zeichen des Anerkennungsprozesses und Spracherwerbs in der Pflege.

Rund 70 Expertinnen und Experten aus dem Pflegebereich fanden sich am 21. März 2018 in der Frankfurt University of Applied Sciences ein, um Anreize für ihre Arbeit zu gewinnen und Begleitangebote zur Unterstützung von Anerkennungssuchenden in der Praxis kennenzulernen.

Eröffnet wurde die Veranstaltung durch Regina Wiegand (INBAS GmbH), die in ihrer Begrüßung den Stellenwert der Beschäftigungssituation in der Pflege für das IQ Landesnetzwerk Hessen herausstellte. Juliane Firlus (INBAS GmbH) führte als Moderatorin durch die Veranstaltung.

 

„IQ befasst sich auf Landes- und auf Bundesebene mit der Frage, wie Sprachkenntnisse nachhaltig und auf den Arbeitsalltag bezogen vermittelt werden können. Hierzu sind bereits zahlreiche Konzepte und Kursformate entwickelt worden. Einen Auszug daraus möchten wir Ihnen heute vorstellen und zu den gewonnen Erkenntnissen aus IQ mit Ihnen ins Gespräch kommen.“ (Lukas Wozniok, Koordination IQ Netzwerk Hessen / INBAS GmbH)

Einführung: Der Anerkennungsprozess in der Gesundheits- und Krankenpflege

Zur Einführung in das Thema „Berufliche Anerkennung“ stellte Lukas Wozniok (INBAS GmbH) die Grundzüge des Anerkennungsprozesses in der Gesundheits- und Krankenpflege vor. Dazu erläuterte er, an welche Voraussetzungen die Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung Gesundheits- und Krankenpflegerin bzw. -pfleger geknüpft ist. Zudem skizzierte er die unterschiedlichen Verfahren zur Feststellung der Gleichwertigkeit beim Regierungspräsidium Darmstadt.

Dass das Förderprogramm IQ Instrumente zur Unterstützung von Anerkennungssuchenden bereithält, machte er zum Abschluss seines Vortrags deutlich. In Hessen können Personen mit ausländischem Pflegeabschluss auf ein flächendeckendes Angebot an Anerkennungs- und Qualifizierungsberatung zurückgreifen und Anpassungsqualifizierungen in der Pflege von vier IQ Teilprojekten besuchen.

Einführung: Anerkennungsverfahren - Aktuelle Entwicklungen und Zahlen

Dr. Lukas Slotala (Pflegedezernat des Regierungspräsidiums Darmstadt) bot den Teilnehmenden des Praxistags einen hessischen Blick auf die Anerkennungsverfahren in der Gesundheits- und Krankenpflege und präsentierte aktuelle Zahlen und Entwicklungen.

Dabei wurde deutlich: Seit dem Jahr 2011 dominiert die Gruppe der Gesundheitsfachberufe die Anerkennungsstatistik des Regierungspräsidiums Darmstadt jedes Jahr aufs Neue. Während jedoch bis 2016 die Anträge größtenteils auf Länder mit EU-harmonisierter Ausbildung entfielen, wiesen die Antragsstellenden in 2017 verstärkt Abschlüsse aus Serbien und Bosnien-Herzegowina vor. Die Folge: Einzelfallprüfungen und Verfahren ohne sofortige Gleichstellung nehmen zu.

Mit Blick auf das Pflegeberufegesetz prognostizierte er eine spannende Zukunft und verweis darauf, dass die Umsetzung einer der größten Ausbildungsreformen viel Arbeit mit sich bringen werde: „Auch das Anerkennungsverfahren wird sich dramatisch ändern. Wie genau, das hängt von den Inhalten der Ausbildungsordnung ab“.

„Wir müssen das Thema Anerkennung breiter fassen und uns nicht nur mit dem Anerkennungsverfahren beschäftigen. Migration und Pflegeberufe und Migration zur Qualifikation in Deutschland werden zu wichtigen Themenkomplexen.“ (Dr. Lukas Slotala, Regierungspräsidium Darmstadt)

Fachvorträge zu Vermittlung und Erwerb berufssprachlicher Kompetenzen in Pflegeberufen

Wie können Deutschkenntnisse nachhaltig vermittelt und berufsbezogen erworben werden? Einen fachlichen Blick auf Sprachenlernen und Deutscherwerb in der Pflege boten zwei Fachvorträge.

Im Anschluss hatten die Teilnehmenden Gelegenheit, Fragen zu stellen und über den Anerkennungsprozess sowie das Erlernen von Fach- und Alltagssprache in Austausch zu treten.

Zum Erwerb berufssprachlicher Kompetenzen in Pflegeberufen

Berufssprache in der Pflege. Dieses Thema stand im Zentrum des Fachvortrags von Birthe Scheffler von der IQ Fachstelle Berufsbezogenes Deutsch (passage gGmbH). Der Titel: „,Wenn die Kolleginnen nur die lateinischen Wörter nehmen würden, dann..‘ - Zum Erwerb berufssprachlicher Kompetenzen in Pflegeberufen“.

In ihrem Vortrag verwies Birthe Scheffler darauf, dass viele eingewanderte Pflegekräfte über allgemeinsprachliche Deutschkenntnisse verfügen, Kenntnisse in der Berufssprache Pflege jedoch vor der Arbeitsaufnahme oftmals nur gering ausgeprägt oder gar nicht vorhanden seien. Ihre Schlussfolgerung: Pflegekräfte bewegen sich in einem ständigen Spannungsfeld, denn „der Pflegeberuf verlangt eine hohe, flexible Kommunikationsfähigkeit mit einer großen Bandbreite an Kommunikationspartnerinnen und -partnern in einer Vielzahl von Kommunikationsanlässen.“

Am Beispiel der Sprache am Arbeitsplatz machte sie die große Bandbreite an berufssprachlichen Anforderungen im Arbeitsfeld Pflege deutlich: vom Fachjargon über Verwaltungssprache bis hin zu Dialekt und Umgangssprache. Ihr Appell: Um im Berufsfeld Pflege handlungsfähiger zu werden, braucht es passgenaue Angebote der Sprachbildung, die fachliches und sprachliches Lernen miteinander verzahnen.

 

„Pflegehandeln ist Sprachhandeln. Zugewanderte Pflegekräfte sind auf berufssprachliche Anforderungen nicht vorbereitet. Im berufssprachlichen Unterricht muss es um realitätsnahe Situationen gehen. Die Lernangebote sollten an den Teilnehmenden orientiert sein.“ (Birthe Scheffler, IQ Fachstelle Berufsbezogenes Deutsch)

Integriertes Fach- und Sprachlernen in der Pflege

Was bedeutet Integriertes Fach- und Sprachlernen in der Pflege? Dieser Fragestellung widmete sich Dr. Meta Cehak-Behrmann von der Fachstelle für berufsintegriertes Sprachlernen (FRAP Agentur gGmbH) im zweiten Fachvortrag des IQ Praxistags Pflege. „Wir müssen den Gedanken zulassen, dass Sprachlernen nicht abseits von beruflichem Lernen stattfindet. Fachliche und sprachliche Lernprozesse sind eng verknüpft. Sprachlernen ist Bestandteil des beruflichen Lernens“, so ihre einleitenden Worte.

Wie können Pflegefachkräfte Sprache als eigenes Lernthema für sich entdecken? Hierzu verwies Dr. Cehak-Behrmann auf die vielfältigen Möglichkeiten, Integriertes Fach- und Sprachlernen umzusetzen: von der Gestaltung von sprachsensiblem Fachunterricht durch eine Sprachlehrkraft vor Ort über Teamteaching oder den Einsatz von Sprachpaten- und Mentoringmodellen bis hin zur Nutzung digitaler Lernformen.

Zum Abschluss ihres Vortrags erläuterte sie, was es bei der Umsetzung von Integriertem Fach- und Sprachlernen zu beachten gilt. Eine möglichst enge Vernetzung aller Beteiligten, Austausch und Abstimmung sowie die Begleitung der Sprachlernprozesse hob sie als essentiell hervor: „Lernprozesse sind individuelle Prozesse. Die Lernenden müssen Lernsituationen erkennen und dafür sensibilisiert werden. Damit alle Beteiligten mitziehen, ist eine ,Umfeldsensibilisierung’ nötig.“

 

„Der Spracherwerb ist mit B1 / B2 Niveau nicht abgeschlossen. Wir haben die Prüfungskompetenz, aber wir brauchen sprachsensiblen Fachunterricht und Praxis vor Ort, um den Spracherwerb in der beruflichen Realität zu fördern.“ (Dr. Meta Cehak-Behrmann, Fachstelle für berufsintegriertes Sprachlernen)

Begleitung bei Anerkennungsverfahren & Spracherwerb – Beispiele aus dem IQ Netzwerk Hessen

Wie können Pflegekräfte mit ausländischem Abschluss während des Anerkennungsprozesses begleitet werden? Welche Unterstützungsmöglichkeiten gibt es vonseiten der Arbeitgebenden? Um den anwesenden Expertinnen und Experten aus dem Pflegebereich konkrete Begleitangebote an die Hand zu geben, wurden im zweiten Teil der Veranstaltung vier Beispiele aus dem IQ Netzwerk Hessen präsentiert.

Interessentinnen und Interessenten hatten vorab und im Anschluss Gelegenheit, sich an mehreren Infotischen mit Informationsmaterialien zu den Praxisbeispielen einzudecken und mit den Referentinnen und Referenten ins Gespräch zu kommen.

IQ Praxisbeispiel 1

Veronica Candelario von den AGAPLESION Frankfurter Diakonie Kliniken gGmbH (AGAPLESION FDK) zeigte am Beispiel des hessischen IQ Teilprojekts „AGA_IQ – Qualifizierung von Pflegekräften zur Erlangung der Anerkennung der beruflichen Integration“ auf, wie AGAPLESION FDK als Arbeitgeber anerkennungssuchende Mitarbeitende unterstützt. Zudem arbeitete sie heraus, welche Schritte Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber vor, während und nach der Anpassungsqualifizierung beachten sollten.

„Für ausländische Pflegefachkräfte ist es wichtig, von Beginn an in die Station eingeführt und eingearbeitet zu werden. Die Integrationsbeauftragte der AGAPLESION Frankfurter Diakonie Kliniken begleitet sie dabei. Als Ansprechpartnerin für Teilnehmende, die Stationsleitungen und die Krankenhausdirektion kann sie in allen Fragen vermitteln.“ (Veronica Candelario, AGAPLESION FDK)

IQ Praxisbeispiel 2

Welche Unterstützung benötigen Personen im Anerkennungsverfahren? Hierzu gab Brigitte Warnke-Kilian vom DIALOG-Bildungsinstitut Kassel Einblicke in die Arbeit des hessischen IQ Teilprojekts „Anpassungsqualifizierung Pflege Nordhessen (AnpaQ)“. Am Beispiel einer Teilnehmerin verdeutlichte sie, wie „AnpaQ“ Personen in der Qualifizierungsmaßnahme begleitet und mit welchen Herausforderungen Anerkennungssuchende konfrontiert sind.

„Gerade im ländlichen Raum benötigen Anerkennungssuchende individuelle Unterstützung und Begleitung bei der Suche nach passenden Qualifizierungsangeboten sowie bei der Einmündung in den Qualifizierungsprozess in Kliniken und Krankenpflegeschulen bis zu dessen Abschluss.“ (Brigitte Warnke-Kilian, DIALOG Bildungsinstitut Kassel e.K.)

IQ Praxisbeispiel 3

Ein zentraler Bestandteil pflegerischer Tätigkeit im Krankenhaus ist die Kommunikation. Wie der zeit- und ortsunabhängige Online-Sprachkurs „Kommunikation im Krankenhaus“ (KiK) Pflegefachkräfte unterstützt, ihre fachsprachlichen und berufsbezogenen Sprachkenntnisse nachhaltig zu verbessern, verdeutlichte das Praxisbeispiel von Kerstin Rohlf-Wachs.

Der Onlinekurs wurde im Rahmen des hessischen IQ Teilprojektes „Kommunikation im Krankenhaus“ von der Volkshochschule Main-Taunus-Kreis entwickelt. Er orientiert sich an verschiedenen Gesprächssituationen in Kliniken und ist für unterschiedliche Lernsettings geeignet (Blended Learning).

Der Kurs steht auf Moodle zur Verfügung: https://moodle.vhs-mtk.de/moodle2/course/view.php?id=337

„Der Onlinekurs ,Kommunikation im Krankenhaus’ bietet Pflegekräften mit unregelmäßigen Arbeitszeiten durch Schichtdienst eine flexible und zeitunabhängige ,sprachliche Weiterbildung’ im berufsbezogenen Kontext Pflege für Erwachsene.“ (Kerstin Rohlf-Wachs, Volkshochschule Main-Taunus-Kreis)

IQ Praxisbeispiel 4

Wie kann eine Patenschaft für das Thema Sprache aussehen? Claudia Feger von beramí berufliche Integration skizzierte in ihrem Vortrag die Grundzüge des Sprachpatenmodells und erläuterte, weshalb berufsbezogene Deutschkurse durch sprachliche Begleitung und Unterstützung bei der Arbeit ergänzt werden sollten.

Sprachpatinnen und -paten bieten Nichtmuttersprachlerinnen und -muttersprachlern unmittelbare Unterstützung im Arbeitsalltag und sensibilisieren das Team für die Schwierigkeiten, die das Arbeiten in einer Fremdsprache mit sich bringt.

„Sprachlernen muss in den Kontext eingebettet werden, in dem Sprache beständig benutzt wird. Es handelt sich um eine Patenschaft für das Thema Sprache, bei der die sprachliche Begleitung das ganze Team mit einbezieht.“ (Claudia Feger, beramí berufliche Integration e.V.)

Fotogalerie

Eine noch größere Auswahl an Fotos finden Sie in unserer Galerie zum 2. IQ Praxistag Pflege.

Ausblick auf den 3. IQ Praxistag Pflege

Von der Makro- zur Mikroebene. Die IQ Praxistage Pflege beleuchten den Integrationsprozess ausländischer Pflegefachkräfte aus unterschiedlichen Blickwinkeln.

Während sich der 1. IQ Praxistag Pflege mit den Rahmenbedingungen der Integration in den Pflegeeinrichtungen befasste, richtet der 3. IQ Praxistag das Augenmerk auf die Integration von Pflegefachkräften in multikulturelle Arbeitsteams. Dabei wird die Frage im Mittelpunkt stehen, wie eine von allen gelebte Willkommens- und Integrationskultur auf den Stationen etabliert werden kann, die Bedarfe und Bedürfnisse von Neueingewanderten wie auch langjährig Mitarbeitenden berücksichtigt.

Der 3. IQ Praxistag Pflege fand am 20. Juni 2018 von 12:30 - 17:00 Uhr in der Frankfurt University of Applied Sciences statt. Weitere Informationen entnehmen Sie der Tagesordnung 3. IQ Praxistag Pflege.

Zur Veranstaltungsdokumentation: 3. IQ Praxistag Pflege

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